5. November 2012

Arbeitsplatz der Zukunft - Vorstellungen und Erwartungen der Jugend

Vor dem Hintergrund, dass ich mich mit sozialen Medien beschäftige und auch die Bedeutung von Social Media für Unternehmen und den Arbeitsplatz untersuche, wurde ich im Rahmen des iv.future.forum als Podiumsdiskutant nach Wien eingeladen. Das iv.future.forum wird von der österreichischen Industriellenvereinigung im Rahmen der Initiative iv.future organisiert, um wichtige Zukunftsthemen zu diskutieren. Daher freue ich mich besonders, dass  ich ausgewählt worden bin.

Da ich mich zwar relativ intensiv mit Informations- und Wissensmanagement sowie Social Media auseinandergesetzt habe, jedoch die Erwartungen der jungen Generation viel weniger aus eigenen Projekten, sondern vielmehr aus der "Community-Meinung" kenne (z.B. "Digital Natives wollen um jeden Preis Facebook am Arbeitsplatz nutzen"), möchte ich mich etwas gründlicher vorbeiten.

Im folgenden Blog-Beitrag habe ich dazu einige Studien bzw. Dokumente zusammengeführt, welche durchaus interessante Positionen vertreten.

Beginnen möchte ich mit Auszügen aus der Studie The Cisco Connected World Report von 2011. Im Rahmen dieser Studie, die kostenlos bezogen werden kann, wurden rund 3000 Studenten im Alter von 18 bis 24 Jahren sowie rund 1500 Angestellte (sog. young professionals) zwischen 21 und 29 Jahren befragt.

Nicht nur Amerikaner, sondern auch Teilnehmer aus Europa wurden in die Umfrage miteinbezogen, was speziell interessant ist, um länderspezifische Unterschiede herauszuarbeiten. Deutschland ist vertreten, Österreich leider nicht. Es ging Cisco mit dieser Studie vor allem darum, die Haltung sowie die Erwartungen der jungen sowie der nächsten Generation an Mitarbeitenden an ihren Arbeitsplatz abzufragen.

Kurz zusammengefasst: Die Ergebnisse der Cisco-Studie betonen die Wichtigkeit von Internet und Social Media für die jüngere Generation.Vergleiche werden über die Länder hinweg gebildet.
  • Relevanz des Internet: Für rund 50% der Studenten und young professionals ist das Internet schon fast so wichtig wie Wasser, Essen, Luft und Wohnen. Etwa haben zwei von drei Studenten lieber eine Internet-Verbindung, als ein Auto. Mehr als die Hälfte der Studenten und mehr als 60% der young professionals  könnten gar nicht mehr ohne das Internet leben. Zwei von fünf Studenten sagen, dass Internet sogar wichtiger ist, als Dating, Fortgehen und Musik hören.
  • Relevanz von Social Media (und Facebook): Mehr als 25% der Studenten priorisieren Up-to-date bleiben auf Facebook höher als Dating, Musik hören und zu Parties gehen. Mehr als 40% der Studenten geben auch zu, dass sie durch eine Aktivität über Social Media, Instant Messaging, Telefon oder Facebook drei Mal oder öfter je Stunde abgelenkt werden. Über 80% der Studenten geben zu, dass sie ihre Facebook-Seite mindestens ein Mal am Tag aufrufen, der Großteil davon viel öfter. Rund 70% der befragten Berufstätigen haben bereits Kollegen, Manager oder sogar beide auf Facebook hinuzgefügt.
  • Relevanz von Twitter: Mehr als 40% der Berufstätigen haben eine Twitter-Seite und diese wird mindestens ein Mal am Tag aufgerufen. Besonders spannend: Rund 90% der Befragten aus Deutschland und Frankreich besitzen keinen Twitteraccount. Rund 70% der befragten Berufstätigen folgen Kollegen, Vorgesetzten oder beiden auf Twitter.
  • Verwendete Endgeräte: Mehr als 70% der jungen Berufstätigen verwenden ein Notebook im Privatleben und mehr als 50% ein Smartphone. Die Hälfte der Berufstätigen verwendet ein Notebook im Berufsleben und rund 30% verwendet ein Smartphone. In der Zukunft, sofern sie ins Berufsleben eingetreten sind, wollen rund die Hälfte der befragten Studenten ein Notebook in der Arbeit verwenden. Die Berufstätigen wünschen sich, dass ihre Organisation jedem Mitarbeiter dieselben Geräte zur Verfügung stellt. Jedoch sind die Meinungen zweigeteilt, ob es erlaubt werden soll, eigene Geräte in die Arbeit mit einzubringen.
  • Mobiles Arbeiten bzw. Arbeiten von zu Hause: Drei von 10 Studenten glauben, dass es ihr Recht ist, von zu Hause zu arbeiten - und kein Privileg. Einer von vier Studenten gibt an, dass es völlig unnötig ist, im Büro zu sein, um die Arbeit zu erledigen. Rund die Hälfte der Studenten, welche keinen Remote-Zugang zum Firmennetz haben, geben an, dass dies aufgrund der Firmen-Policy der Fall ist.  Die Mehrheit der Berufstätigen - getrieben von  Frankreich, Deutschland und Russland - ist der Meinung, dass es nur ihr Vorgesetzter für nötig hält, dass sie im Büro anwesend sind.
  • Social Media in der Auswahl von Jobs: Wenn Bewerber mit einer Job-Möglichkeit konfrontiert werden, welche sehr unflexibel in Bezug auf den Zugang zu Social Media ist, geben mehr als die Hälfte der Studenten an, dass sie entweder dieses Angebot völlig ausschlagen, oder einen Weg finden, die Firmen-Policy zu umgehen. Für einen von drei befragten Studenten ist der wichtigste Aspekt in der Job-Auswahl Flexibilität in Hinblick auf das Endgerät, Zugang zu Social Media und mobiles Arbeiten. 4 von 10 Studenten geben an, dass sie ihren potenziellen Arbeitgeber über die Social Media Policy sowie die Nutzung privater Geräte am Arbeitsplatz befragen werden. Haben sie dazu die Möglichkeit, geben fast die Hälfte der Studenten an, dass sie eher ein niedrigeres Gehalt akzeptieren, wenn sie dafür mobil Arbeiten dürfen und Freiheit hinsichtlich des verwendeten Endgeräts besitzen.
  • Social Media Zugangsbeschränkungen: Drei von 10 Berufstätigen geben an, dass ihre Firma den Zugang zu Online-Spielen und Social Media beschränkt. Rund die Hälfte der befragten Studenten geben an, dass ihr künftiges Unternehmen viel flexibler sein muss, hinsichtlich ihres Bedürfnisses, mit ihrem Arbeits- und Privatleben zu jeder Zeit verbunden zu sein. Mindestens einer von drei befragten deutschen Studenten gibt an, das eigene Gerät beruflich verwenden zu wollen, egal was die Policy des Arbeitgebers vorschreibt. Die Häfte der befragten Arbeitnehmer gibt zu, die Firmenpolicy in unterschiedlichem Ausmaß bereits verletzt zu haben.
  • Privacy: Nur einer von drei Studenten gibt an, beim Teilen von Information im Web nicht vorsichtig zu sein.

Ablehnen von Job-Angeboten oder bewusstes Umgehen von Social Media Policies


Zur Nutzung von Social Media am Arbeitsplatz wurde (auch) von Kelly (Kelly Global Workforce Index) eine sehr umfassende Studie durchgeführt. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse kann sehr schön visualisiert hier abgerufen werden. Befragt wurden dazu fast 170.000 Teilnehmer. Der gesamte sehr schön aufbereitete Report When Worlds Collide - The Rise of Social Media for Professional & Personal Use kann ebenfalls abgerufen werden. Vergleiche werden über Generationen und Regionen hinweg gebildet. Dazu nur ein paar Aussagen:
  • 30% der befragten Personen finden es akzeptabel, Social Media zu privaten Zwecken am Arbeitsplatz einzusetzen. Die Generation Y akzeptiert die Nutzung von Social Media am Arbeitsplatz am stärksten.
  • Rund ein Viertel der befragten Personen findet es akzeptabel, Meinungen über die eigene Arbeit über Social Media zu teilen.
  • Mehr als ein Viertel der Mitarbeiter findet es wichtig, dass ihr Arbeitgeber eine Social Media Präsenz hat.
  • Wenn es darum geht, Social Media am Arbeitsplatz für private Zwecke zu verwenden, kommt die Region Asia-Pazifik (~50%) noch vor Europa (~30%) und Amerika (~15%).
  • Rund 12% der Mitarbeiter wurde bereits angeordnet, die Nutzung von Social Media am Arbeitsplatz einzustellen.
  • Immer mehr Menschen nutzen Social Media Plattformen für die Job-Suche (32% Generation Y, 30% Generation X, 26% Baby Boomers)

Die PH Zürich hat eine interessante Befragung von 189 Schülern im Alter von 11 bis 16 Jahren aus der Schweiz zur Nutzung von Social Media durchgeführt. Einige Ergebnisse dieser Befragung können in einer Medienmitteilung nachgelesen werden.
  • Youtube-Videos ansehen (89%) überwiegt von Facebook (71%).
  • Wenn es um Kommunikation unter Jugendlichen geht, ist Facebook an der Spitze. 75% der befragten Schüler besitzen dort einen Account. Das ist hoch, denn viele der befragten Schüler sind noch jünger als 13 Jahre.
  • Die überwiegende Mehrheit hält sich bis zu 2 Stunden auf Facebook auf, 60% betonen jedoch auf Facebook verzichten zu können. Bei einem Medienentzug-Experiment mussten zwei  Schulklassen eine Woche lang auf Facebook verzichten - die meisten hielten es ohne große Probleme durch.
  • Überraschenderweise sind sich die befragten Schüler auch der Gefahren aus dem Web bewusst. So wird der Zugang zum Profil nicht einfach wahllos gegeben.
Eine weitere Studie wurden von Faktenkontor, einem Beratungsunternehmen, durchgeführt und trägt den Nahmen Social Media Atlas 2011. Dabei wurden rund 4300 Personen zur Social Media Nutzung in Deutschland befragt. Einige interessante Ergebnisse sind am Blog Social Media Statistiken verfügbar. Laut diese Studie sind 64% der deutschen Internet-Nutzer auch in Social Media aktiv. Bei den genutzen Angeboten würde Youtube am besten abschneiden, danach erst Facebook.

Eine weiteres äußerst lesenswertes Dokument mit dem Namen New Work Order kommt wurde vom Trendbüro veröffentlicht (Dank an Alexander Richter für den Tweet). Das Dokument beinhaltet viele Einzelartikel und wirklich alle sind mehr als lesenswert. Ich nehme nur ein paar Aussagen heraus:
  • Vernetzung über Social Media, Kultur der transparenten Kollaboration, Kultur der Führung und die intrinsischen Motivation der Mitarbeiter stehen im Mittelpunkt.
  • Kommunikation wird zur zentralen Tätigkeit eines Wissensarbeiters.  
  • Unternehmen sind gezwungen sich zu öffnen und einen proaktiven Dialog zu suchen.
  • Digital Natives - die neue Workforce - sind Personen, für welche das Teilen von Informationen (in Sozialen Netzwerken) Alltag ist.
  • Impulse aus der privaten Social Media Nutzung sind ein Vorbild für die Arbeitsorganisation der Zukunft.
  • Die soziale Vernetzung stellt bisherige unternehmensweite Strukturen auf eine harte Probe.
  • Selbstorganisation erfordert Identifikation mit den zentralen Werten im Unternehmen.
  • Auch das Büro ist im Wandel, der Mensch will seinen Arbeitsort frei wählen (wenn Arbeit von überall erfolgen kann).
Am Arbeitsplatz der Zukunft treffen - wie auch schon heute - unterschiedliche Personen mit unterschiedlichem Geschlecht, Alter und Mediennutzungsgewohnheiten zusammen - und alle wollen die aus ihrer Sicht optimalen Werkzeuge nutzen. Damit sind auch Studien zum Digital Divide nicht uninteressant. Die Universität Zürich hat eine spannende Studie mit dem Titel Internetverbreitung und digitale Bruchlinien in der Schweiz durchgeführt. Auch dazu einige Aussagen:
  • 23% der Bevölkerung nutzen das Internet nicht - und dieser Alters-Gap ist in der Gruppe der 60-74 Jährigen  besonders ausgeprägt. 
  • In höheren Altersgruppen findet sich eine geringe Einstiegsmotivation, ein Aspekt, den auch wir in eigenen Projekten herausgefunden haben (vgl. Senioren, Interaktion und Medien? Erste Ergebnisse aus dem Projekt ALICE). 
  • 14-29 haben deutlich öfter das Gefühl, ohne das Internet etwas zu verpassen, als ältere Generationen.
  • 42% fühlen sich nicht in die Informationsgesellschaft eingebunden, drei Viertel davon sind Nichtnutzer. 
  • Vier von drei Schweizer Internet-Nutzern schätzen die eigenen Internet-Fähigkeiten als gut, sehr gut oder ausgezeichnet ein.
Und natürlich darf auch "unsere" Studie Future Workplace hier natürlich auch nicht fehlen.

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