Doch vorher lohnt sich wie immer ein Blick in die Vergangenheit: Informations- und Kommunikationstechnologien werden immer fortschrittlicher. Sie haben die Art und Weise längst verändert, wie Arbeit erledigt werden kann. Mit dem Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft sind ebenso Entwicklungen am Arbeitsplatz, wie etwa neue Arbeitsformen verbunden. Heute sind die Unterstützung von Wissensarbeit, Kommunikation und Zusammenarbeit über die Wertschöpfungskette hinweg in der Industrie das Thema des Tages. Es scheint, als wurde genau dafür aber noch kein optimaler Weg gefunden. Kann denn Social Media wirklich die sehnsüchtig erwartete Lösung sein?
Schon seit einigen Jahren erforscht das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) im Projekt Office21 die Zukunft der Arbeit. Und jedes Jahr werden darin Experten zu möglichen Szenarien dazu befragt. In der frei zugängigen Studie Information Work 2009 wurden anhand der Angaben von rund 1000 Studienteilnehmern die Potenziale von Informations- und Kommunikationstechnologien bei Büro- und Wissensarbeit untersucht. Dass in diese Studie niemand explizit von „Social Media“ spricht, hängt vermutlich mit dem Erhebungszeitraum der Daten zusammen. Dennoch sind bereits zahlreiche Werkzeuge zur Unterstützung der Zusammenarbeit wie Groupware, Document Sharing und Instant Messaging in der Studie berücksichtigt worden. Und genau das sind Funktionen, welche heute auch von Web 2.0 und Social Media übernommen werden.
Weiters wird in der Fraunhofer-Studie der Begriff "Wissensarbeit" klar abgegrenzt. Wissensarbeit wird dort als „häufig komplex, wenig determiniert und folglich schwer in vorgegebenen Abläufen standardisierbar bezeichnet. Wissensarbeit schafft ständig neues Wissen und baut auf den Erfahrungen anderer auf. […] Darüber hinaus stellt Wissensarbeit neue Anforderungen an die Arbeitsprozessorganisation, betriebliche Steuerungssysteme [… und] die Gestaltung der Arbeitsplätze“.
Wissensarbeit wird von Fraunhofer entlang der Grunddimensionen
- Komplexität (d.h. vielfältige schwierige Aufgaben, hohes Ausmaß an Koordination, hohe Anforderung an Kommunikation und Kooperation),
- Autonomie (d.h. örtliche und räumliche Mobilität, Flexibilität der Arbeitszeiten, selbständige Arbeitsgestaltung) und
- Neuartigkeit (d.h. sich verändernde Aufgabenstellungen, eigenes Wissen muss ständig erweitert werden, häufige Veränderungen im Arbeitsumfeld) beschrieben.
Auf einschlägigen praxisnahen Veranstaltungen, wie etwa der Enterprise 2.0 Summit, wird fortwährend diskutiert, wie genau Social Media dazu beitragen kann, die in den Unternehmen stattfindende Wissensarbeit bestmöglich zu unterstützen. Doch der arme Social-Media-Berater seufzt laut auf, denn nicht bei allen Entscheidern stoßen Social-Media-Evangelisten und Early Adopter auf offene Ohren – und noch weniger auf umfangreiche Budgets.
Denn leider verbinden die Manager "Social Media im Intranet" auch mit Facebook, denken an private Facebook-Phänomene und verlieren rasch die Begeisterung bzw. gewinnen sie erst gar nicht. Oft sind Gespräche mit Entscheidern schnell beendet, wenn der falsche Begriff gewählt wird. So kommt es gar nicht so weit, über das Potenzial von Social Media für die interne Kommunikation, Zusammenarbeit und Wissensarbeit zu sprechen.
Im Gegensatz dazu haben zahlreiche Gespräche mit der Praxis gezeigt, dass Entscheider der Frage nach dem „Arbeitsplatz der Zukunft“ in seiner Gesamtheit wesentlich mehr Bedeutung zuweisen, als den für sie schwer greifbaren Konzepten Web 2.0, Enterprise 2.0 und Social Media. Weil sich der Einfluss der Entwicklungen „2.0“ und „social*“ in allen Unternehmensbereichen zeigt, setzen Berater gerne auf Begriffe wie Social Collaboration, Social Intranet, Social Business und Social Workplace. Damit wollen sie dem Dilemma der Losgelöstheit von Social Media zu entgehen. Doch der allumfassendere und womöglich unkritischere Begriff in der Praxis ist vermutlich „Arbeitsplatz der Zukunft.“
Vor diesem Hintergrund haben JOANNEUM RESEARCH - DIGITAL und das Komptenzentrum – Das Virtuelle Fahrzeug eine Studie durchgeführt, welche kürzlich als Buch und Ebook veröffentlicht wurde. In der Studie Studie Future Workplace - Eine Untersuchung sozio-technischer Einflüsse auf den Arbeitsplatz der Zukunft wurden unter anderem 16 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft zu den Trends, Treibern und Technologien am Arbeitsplatz der Zukunft befragt.
Die Ergebnisse sind durchaus spannend, würden aber den Rahmen dieses Blogbeitrag sprengen. Es folgt nur ein kurzer Auszug. Die Studie zeigt beispielsweise, dass die meisten befragten Experten der Ansicht sind, dass der physische Arbeitsort auch in Zukunft nicht gänzlich verschwinden wird. Mitarbeiter brauchen immer einen Platz, um ihre sozialen Kontakte mit Kollegen zu pflegen. Doch soziale Medien werden den Arbeitsplatz der Zukunft dennoch wesentlich mitprägen.
Die Arbeit der Zukunft erfordert auch eine neue Gestaltung des Arbeitsplatzes, damit Mitarbeiter und damit ihre Unternehmen mehr Kreativität und Innovation hervorbringen können. Der Arbeitsplatz der Zukunft wird mehr Varianten zulassen müssen, angefangen vom verwendeten Mobiliar, über die Technik bis hin zu organisationalen Rahmenbedingungen.
Es noch weiter weg von der festen Arbeit und von starren Arbeitsanforderungen. Doch schon jetzt treffen die wesentlichen Enabler für den Arbeitsplatz der Zukunft aufeinander: steigende Verbreitung mobiler Endgeräte, steigender Bekanntheitsgrad sozialer Medien und ihrer Nützlichkeit aus dem privaten Umfeld, Mentalitätswandel der Menschen zum mobilen Arbeiten und die zunehmende Verfügbarkeit von Cloud-Services im privaten Bereich.
Am Arbeitsplatz der Zukunft wird der Zugriff auf Information und Wissen sehr viel offener sein, als heute. Es wird aber auch ein viel größeres Informationsangebot geben, welches es zu beherrschen gilt. Mitarbeiter bewegen sich in Informationsströmen (sog. social activity streams) und generieren ihr persönliches Informationsangebot selbstorganisiert und selbstverantwortlich. Sie bauen sich auch ihre Systemumgebung aus einer Vielzahl an Werkzeugen und Informationsquellen selbst zusammen.
Da der Arbeitsplatz der Zukunft durch unterschiedliche Kommunikationsverhalten geprägt sein wird, muss über alles Kommunizierte eine soziale Transparenz geschaffen werden. Es entsteht ein umfassendes digitales bzw. digitalisiertes Informationsangebot, welches über mächtige unternehmensinterne Suchmaschinen erschlossen wird.
In den Unternehmen wird die Transparenz über Wissen und vielmehr über Wissensträger zunehmen. Denn es ist für Unternehmen über soziale Mechanismen künftig wichtiger, die richtigen Wissensträger zu identifizieren, als das explizierte Wissen selbst - ein Aspekt, der sich im Wissensmanagement lange gehalten hat.
Heute steht fest: Auf dem Weg zum Arbeitsplatz der Zukunft geben Technologieunternehmen und Digital Natives das Tempo vor. Digital Natives gestalten Informationstechnologie durch ihre eigene Nutzung aktiv. Junge Mitarbeiter sollen in den Unternehmen als Impulsgeber für den Einsatz neuer Technologien stärker akzeptiert und genutzt werden. Denn sie tragen modernes und netzwerkbasiertes Denken verstärkt in die Arbeit hin und motivieren den notwendigen Kulturwandel.
Hier geht es zur Studie Future Workplace, welche in Buchform und als Ebook erhältlich ist.
Der vorliegende Beitrag ist in etwas abgewandelter Form auch unter dem Titel Formt Social Media den Arbeitsplatz der Zukunft am PR-Blogger erschienen.