23. August 2011

Schleswig-Holstein will Facebook-Fanpages und Likes verbieten. Was soll das!?

Und wieder sind die emsigen Datenschützer im Anmarsch. Diesmal wollen sie dem „bösen“ Facebook an den Kragen. Doch mit den Worten von Herbert Grönemeyer „Was soll das“ kann ich nur den Kopf schütteln. Denn wie wenig Verständnis haben Datenschützer doch von den Phänomenen im Social Web und den damit verbundenen positiven Effekten für Wirtschaft & Gesellschaft, dass sie derart unkluge und ungeschickte Schritte setzen. Aus meiner Sicht geht es hier wieder einmal nur um Bevormundung durch Verbot.

Schon am 19. August hat André Vatter im Blog ZBW Mediatalk ein sehr lesenswertes Interview mit einer n.n. Person vom „Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD)“ geführt. Das Amt fordert in einer Pressemeldung alle „Stellen in Schleswig-Holstein auf, ihre Fanpages bei Facebook und Social-Plugins wie den „Gefällt mir“-Button auf ihren Webseiten zu entfernen.“ Da diese Bewegung auch andere Datenschützer-Kollegen (vermutlich sind das alles auch Facebook-Kenner) mittlerweile unterstützen, könnte passieren, dass die Verbots-Welle gesamt Deutschland und dann vermutlich auch Österreich erreicht. Wenn dieser Fall eintritt gehe ich auch davon aus, dass in Zukunft auch andere soziale Plattformen, welche das Einbauen von Widgets ermöglichen und Daten sammeln, erst von den Datenschützern bemerkt, dann untersucht und später verbannt werden.

Was sind die Folgen?
  • Für Unternehmen ist Social Media bereits zu einem wichtigen Kanal geworden, um offene Dialoge mit Kunden zu führen. Unternehmen wollen dort hin, wo ihre Kunden sind - und diese sind nun mal auf den sozialen Netzwerken. Wird das den in Deutschland ansässigen Unternehmen verboten, erkenne ich darin einen großen Wettbewerbsnachteil und der Standort Deutschland wird nachhaltig geschwächt. Und auch vielen Agenturen wird es schlecht ergehen, die sich auf Beratung im Social Web spezialisiert haben, da ihre Kunden Social Media nicht mehr nutzen dürfen.
  • Und was sagen die Nutzer (vermutlich) dazu? Wieder einmal werden sie von den Datenschützern bevormundet (denn wenn will man denn hier wirklich schützen?). Für die Nutzer bedeutet diese Entwicklung, dass sie nicht mehr einfach Produkte, Services, Webseiten etc. an ihre Freunde weiter empfehlen dürfen. Man nimmt ihnen etwas weg, an das sie sich in der Zwischenzeit gewöhnt haben. Digitale Mundpropaganda ade. Auch nutzen mittlerweile viele private Blogger ohne kommerziellen Hintergrund Facebook & co, um damit ihr Netzwerk zu managen. Auch diese Entwicklung wird dann vorbei sein. Dabei weiß man heute, wie wichtig, ja Karriere entscheidend, aktives Netzwerken ist.
Ich habe mich schon in der Vergangenheit schon oft dazu geäußert und tue es jetzt wieder: Ich halte die Datenschutzpropaganda rund um die Sozialen Netzwerke, Google & co für völlig übertrieben. Auch werde ich es vermutlich niemals verstehen, warum IP-Adressen wie persönliche Daten oberster Kategorie behandelt werden müssen. Auch ist mir Aufklärung weitaus lieber als Verbot: Denn nicht mehr nur junge Menschen wollen das Web so nutzen, wie es Facebook & co. mit ihren sozialen Netzwerkplattformen erst ermöglicht haben. Lasst doch die Nutzer entscheiden, was sie am Web machen und was nicht – und nicht die "schulmeisternden" Datenschützer.

Ich persönlich sehe das Datensammeln der sozialen Plattformen als durchaus positiv, obwohl ich bei dieser Meinung meist auf harten Widerstand stoße. Denn für mich werden dadurch soziale Plattformen wie Facebook, Amazon und Google besser, weil sie mich und meine Vorlieben eben besser kennen – und diesen Nutzen will ich mir nicht nehmen lassen – vor allem nicht von den Datenschützern. Und vor allem (dadurch) kosten mir diese Dienste ja gar nichts!

Wer das nicht glaubt, kann das Prinzip "network effects per default" gerne bei Tim O'Reilly im Essay „What is Web 2.0. Design Patterns and Business Models for the Next Generation of Software“ nachlesen. Soziale Plattformen zeichnen sich durch eine ganz bestimmte Logik aus, welche diese Plattformen besser macht, je mehr Menschen sie nutzen. Bei Amazon sind das die allseits beliebten Empfehlungen (was haben andere gekauft, was auch mich interessieren könnte…), bei Google die kontextsensitiven Ads sowie die personalisierten Suchergebnisse - und bei Facebook eben die Nutzer, die mir interessante Produkte/Services/Seiten empfehlen und der Mechanismus, dass ich eine Bewertung erhalte, an der viele Nutzer teilgenommen haben.

Zum Abschluss des Beitrags noch ein wichtiger Punkt - die Social Media Kompetenz. Viel wichtiger als die Einführung von Verboten ist die Ausbildung der (jungen) Menschen und auch der Datenschützer – auch der selbsternannten. Denn wir alle müssen lernen, die Phänomene im Web 2.0 zu verstehen, damit wir besser abschätzen können, welche Inhalte wir mit anderen am Web teilen, und welche nicht. Und dazu braucht es kein Facebook – der Schaden einer unklugen Handlung kann auch durch einen ungeschickten Beitrag anderswo am Web entstehen. Und wer noch immer glaubt, die Bildung von Communities und Netzwerken im Web wäre ein neues Phänomen, den verweise ich gerne auf Howard Reingold und sein Buch „The Virtual Community“.

Noch ein Wort: Mich wundert es, dass bis dato der Aufschrei in der Social Media Community nicht größer ist. Was soll das?!

Also - spread the word!

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