4. August 2011

Lesen Sie denn nicht immer alle Tweets? Zum Mehrwert von Twitter

Schon vor einigen Monaten habe ich zum Information Overload gebloggt. Und heute hatte ich wieder ein spannendes Telefonat mit Werner Schachner zum persönlichen Mehrwert von Twitter und  damit verbunden zur Inkaufnahme von Information Overload - gleich zwei meiner Lieblingsthemen. Die im Telefonat ausgetauschten Gedanken muss ich einfach mit der Community teilen:

Ich behaupte, dass die Frage nach dem Mehrwert aus Twitter nur jeder für sich persönlich beantworten kann. Ein Mehrwert ergibt sich immer nur aus einer bestimmten Art der Nutzung, aus dem Twitter-Netzwerk sowie aus dem durch die Personen im Netzwerk verfassten Tweets. Doch vorher muss ein Nutzer erst die Möglichkeit finden, wie er Twitter für sich am besten nutzen kann. Manche brauchen dafür sehr lange und viele finden sie auch nie. Diese Eigenschaft von Social Media wird auch als Nutzungsoffenheit bezeichnet.

Jetzt möchte ich meinen Anwendungsfall sowie meinen persönlichen Mehrwert kurz beschreiben:

Heute 12:00: Innerhalb von zwei Stunden haben mehr als 1000 Tweets meinen Activity-Stream in Twitter aufgefüllt – ist das jetzt mein persönlicher Information Overload? Nein, keinesfalls, denn ich lese nicht jeden Tweet in meinem Activity Stream und will das auch gar nicht.

Die Mails in meiner Inbox lese ich zwar mehrmals täglich, von vorne bis hinten u.u. und nehme mir dafür auch die nötige Zeit. Doch Tweets sind keine Mails und mein Nutzungsverhalten bei Twitter ist ungleich meines Nutzungsverhaltens bei Email.

Für Twitter nehme ich mir beispielsweise vor dem Sprung zu einer neuen Aufgabe nur ein paar Minuten Zeit, browse dann rasch durch die von meinem Netzwerk veröffentlichten letzten 100 Tweets (also niemals durch alle) und finde dabei meistens 1-2 Informationshäppchen, die für mich interessant sind.

Heute zählt dazu beispielsweise die Studie von Accenture Research | Mobile Web Watch 2011, welche Ilona Buchem (@mediendidaktik) dankenswerterweise getwittert hat. Ilonas Tweet habe ich als wertvoll empfunden und ihn deshalb retweetet d.h. an meine Twitter-Follower weitergeleitet. Obwohl derzeit ein Großteil meiner Arbeitszeit mit Google-Suchen zum Thema Social Media & Co. besteht, kannte ich diese eine Studie noch nicht. Also ein wichtiger Fund für mich, zwei Minuten Aufwand für die "Suche" danach auf Twitter und aus dem "Fund" ein großer Mehrwert für meine Arbeit.

Warum funktioniert das so und kann das jeder? Nun, ich habe mein Twitter-Netzwerk so aufgebaut, dass ich bevorzugt Personen folge, welche in ähnlichen Bereichen arbeiten und sich mit ähnlichen Themen wie ich selbst beschäftigen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Personen  Inhalte twittern, die auch für mich wertvoll sind. Häufig erscheinen besonders spannende Inhalte im Activity Stream mehr als einmal, da ihre Autoren von anderen Twittern gementioned bzw. ihre Tweets retweetet wurden.

Ich spare mir auf Twitter „Suchzeit“ im Vergleich zu einer Suche im Web, denn ich finde im Activity Stream Informationen, die ich über Google gar nicht gefunden hätte. Warum? Nun, bei einer Google-Suche brauche ich die richtigen Keywords - nur diese weiß ich oft vorher nicht (d.h. in anderen Worten, ich habe nicht aktiv nach der Accenture Studie gesucht und daher auch nie an accenture+studie+mobile als Keywords gedacht). Damit das funktioniert, müssen Netzwerk, Tweets und Nutzungsverhalten stimmen - doch das braucht seine Zeit.

Für dieses zufällige Auffinden relevanter Inhalte wird in der Social Media Community der Begriff Serendipity verwendet. Darin liegt für mich der persönliche Mehrwert von Twitter. Zusammengefasst:
  • Tweets =/= Mails => Nutzung von Twitter =/= Nutzung von Email
  • Frage nach dem persönlichen Mehrwert von Twitter muss jeder selbst beantworten
  • Den Mehrwert wahrnehmen braucht seine Zeit
  • Serendipity ist für mich der größte Mehrwert

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