30. März 2012

Twitter-Studie "Twitterpolitik"

Julian Ausserhofer, Axel Kittenberger und Axel Maireder von der Universität Wien haben eine vermutlich nicht nur aus meiner Sicht mehr als spannende Twitter-Studie mit dem Titel "Twitterpolitik: Netzwerke und Themen der politischen Twittersphäre in Österreich" veröffentlicht.

Wie der Titel dieser Studie schon treffend bezeichnet, war es das Ziel der Autoren, die Konversationen der "österreichischen politischen Twittersphäre" zu untersuchen. Es sollte anhand einer Analyse der 374 aktivsten Politik-Twitterer aus Österreich sowie der Tweets, in welchen diese erwähnt wurden, Interaktionen modelliert, Themen herausgefiltert und zentrale Diskussionsnetzwerke dargestellt werden. Die Ergebnisse sollten auch mit den innenpolitischen Beiträgen in Tageszeitungen verglichen werden, welche im Studienzeitraum veröffentlicht wurden.

Die Studie Twitterpolitik liefert einen eindrucksvollen Beitrag zur aktuellen Twitterforschung. Sie zeigt, was man mit einem robusten Forschungsdesign über Twitter und dessen Nutzung in einer bestimmten Domäne (hier: Politik) herausfinden kann. Die Präsentation der Studienergebnisse sowie die Interpretation der Ergebnisse wurden aus meiner Sicht vorbildlich durchgeführt - und daher empfehle ich diese Studie jedem, der an Social Media bzw. an der Politik in Österreich begeistert ist.

Mich persönlich interessiert vor allem das Forschungsdesign, denn bei Joanneum Research beschäftigen wir uns ebenfalls mit der Analyse von Social Media Streams (beispielsweise im Projekt SemCom). Dazu haben wir spezielle Tools entwickelt, um die Analyse von Tweets gemeinsam mit dem Know-Center für die Domäne "Science 2.0" (Einsatz von Web-2.0-Prinzipien und Technologien in Wissenschaft und Forschung) zu unterstützen.

Aus diesem Grunde war für mich sehr interessant, welche Informationen ein geschickter Einsatz von Analysetools und -methoden bei der Untersuchung der Twitter-Aktivitäten zu einer bestimmten Domäne ans Tageslicht bringen kann, während mich die Domäne selbst (hier: Politik) nur marginal interessiert, da ich es mir angewöhnt habe, mich von allen politischen Debatten zu distanzieren.

Das Forschungsdesign der Studie Twitterpolitik war drei, bzw. - zählt man die Interpretation der Ergebnisse aus der Datenanalyse hinzu - vermutlich sogar viergeteilt:
  • Datenerhebung: Identifikation zentraler Akteure durch Nutzung von yourTwapperKeeper anhand bestimmter Merkmale der Tweets (innenpolitische Key-Words). Bereinigung der Akteursliste von 1657 auf 374 Twitterer sowie Aufzeichnung aller relevanten Tweets über vier Monate. Ziehen einer zeitraumbezogenen Stichprobe mit 145.356 Tweets.
  • Datenkodierung: Manuelle Zuweisung der Tweets zu zwölf Themenbereichen. Gleichzeitige Erfassung von Beiträgen in den auflagestärksten österreichischen Zeitungen (Innenpolitik). Auslesen der Twitter-Profile und Einteilung der Akteuere in weitere Kategorien (Politiker, Journalisten, Experten, Bürger, Geschlecht, ...).
  • Datenanalyse: Auswertung der manuellen bzw. durch den Einsatz einer speziell entwickelten Software "produzierten" strukturierten Daten. Durchführung von quantitativen Analysen mit Excel und SPSS. Visualisierung von Kommunikations-Netzwerken mit Gephi. Nutzung von zahlreicenn Diagrammen zur Präsentation der Ergebnisse.
  • Interpretation der Daten

Ein großer Teil der Visualisierung in der Studie besteht aus sozialen Graphen (siehe nachfolgende Abbildung aus der Studie). Diese sind zwar oft sehr eindrucksvoll in der Visualisierung von Daten, aber aufgrund ihrer Komplexität leider nicht immer sehr aussagekräftig. In der Studie Twitterpolitik ist des den Autoren jedoch gelungen, ihre Visualisierungen von Netzwerken exzellent zu interpretieren. Die intensive Beschäftigung und das große Hintergrundwissen der Autoren zu Twitter sowie zur Domäne Politik hat aus meiner Sicht hervorragend dazu beigetragen. Vor allem der Vergleich der Themen auf Twitter (sensationelle Ereignisse relevant, langatmige Themen unterrepräsentiert, ...) mit den Beiträgen in der Tagespresse ist äußerst spannend.



Ich gratulieren den Autoren zu dieser großartig ausgearbeiten Studie und bewundere den Aufwand, den sie in diese Studie investiert haben.

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