7. März 2012

Kommentare in Blogs zulassen: Ja oder nein?

Auf dem Netzwertig-Blog wurde vor kurzem darüber diskutiert, wie sich der Einsatz der Blog-typischen Kommentarfunktion seit dem ersten Auftreten von Blogs bis heute langsam verändert. Denn seit einiger Zeit haben Blogs damit begonnen, die Kommentarfunktion zu begrenzen bzw. sogar gänzlich zu entfernen. Das trifft augenscheinlich vor allem solche Blogger, die sich bisher bereits eine hohe Reputation aufgebaut haben. Plötzlich ist ihnen die Meinung ihres Publikums nichts mehr wert. Ich sehe eine solche Strategie aus Sicht von Social Media als bedenklich.

Gemäß der gängigen Lehrmeinung wird ein Blog als ein soziales Medium definiert, bei dem durch den Blogger generierte Beiträge mit stark ausgedrücktem subjektiven Bezug zu einem bestimmten Thema chronologisch absteigend sortiert dargestellt und mit einer Kommentarfunktion versehen werden. Gerade diese Kommentarfunktion ist bei Blogs elementar, denn sie soll neben zahlreicher anderer Funktionalität (Blogroll - dazu hatte ich schon mal einen Beitrag), Pingback, Trackback, Social Network Integration, ...) zu einer stärkeren Vernetzung der Blogs und damit der Blogger selbst beitragen. Und dass Vernetzung am Web und auch im "real life" mehr als positiv ist, darüber brauchen wir ohnehin nicht mehr diskutieren.
Wenn ich persönlich einen Blog-Beitrag am Web lese, dann möchte ich meine Meinung zu diesem Beitrag ad-hoc äußern (können/dürfen). Mehr noch, ich will meinen Kommentar auch ad-hoc lesen können. Denn ich will nicht auf eine Freischaltung meines Kommentars warten, die vielleicht mehrere Stunden bis mehrere Tage dauert (oder womöglich gar nicht passiert).

Was ist an einer solchen Praxis der Verhinderung und Verzögerung von Kommentaren denn social? Für mich ist eine solche Kommentar-Praxis sogar ein wesentlicher Rückschritt im Sinne von Web 2.0, Social Media und dem damit verbundenen Paradigmenwechsel in Richtung ad-hoc Interaktion, Kommunikation, Kollaboration und Vernetzung. Aus meiner Sicht ist ein Blog ohne jegliche direkte Kommentarfunktionalität nicht einmal im Ansatz ein soziales Medium - und schon gar kein Blog, denn jegliche Möglichkeit einer direkten sozialen Interaktion mit dem Autor fehlt.

Bezüglich einer Definition von Social Media verweise ich heute gerne auf die soziologischen Arbeiten von Marc Smith, der mich bei einer Keynote auf der I-KNOW in Graz einmal mehr als begeistert hat: "Sociology may describe social media as collective goods produced through computer medieated action". Ein Blog ohne eine echte sowie eine in Echtzeit wirkende Kommentarfunktionalität lässt aus meiner Sicht keine kollaborativ erstellten Informationsgüter zu, da ein möglicher Kommentator keinen Beitrag zum Artikel leisten kann, obwohl er es vielleicht möchte und könnte - und damit in vielerlei Hinsicht den Horizont des Bloggers erweitern würde.

Also liebe Social Media Nutzerinnen und Nutzer: Öffnet die Kommentarfunktion in euren Blogs und deaktiviert die redaktionelle Prüfung entweder gänzlich, oder sorgt für einen wirklich raschen Ablauf. Sonst lasst ihr besser die Finger von Social Media - und verwendet ein anderes Mittel zu eurer Zielerreichung! 




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