27. Dezember 2011

Katapultiert Unternehmen in die Cloud - damit sie endlich besser arbeiten?!

Als freudvoller Nutzer von Social Media wie Facebook, Xing, Twitter & co. besitzt man natürlich gleich eine Affinität zu Cloud-Services (natürlich nur, sofern man auch weiss, dass besagte Plattformen Cloud-Services darstellen). Daneben kennt und nutzt man als IT-affine Person auch noch Yammer, Gmail, Doodle, Goodle Kalender, Blogger, Dropbox, Google Reader, ... (d.h. also noch mehr Cloud Services). Man freut sich, privat wesentlich modernere IT-Services zu genießen, als sein Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Denn schlechte IT macht einem einfach keinen Spaß.

Gehen wir 30 Minuten in meiner Zeit zurück, als ich am Blog von Prof. McAfee den Beitrag „The Cloud Warning“ gelesen habe. Dort steht gleich in der ersten Zeile, dass der CEO von „Google India“ behauptet, dass Indien ein „Cloud First“-Markt ist. Denn von Null-IT katapultiert sich Indien gleich auf die Spitze - und damit hin zu den modernsten Cloud-Services. Damit überspringt Indien die üblichen Evolutionsstufen dazwischen. Ok, Google muss das wissen.

Und jetzt starten wir die Diskussion, ob die Nutzung von Cloud-Services auch zu einer Steigerung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Prof. McAfee glaub das – und ich auch. Zugegeben, diese Diskussion existiert in der Wirtschaftsinformatik ja schon ewig (man google nach "Produktivitätsparadoxon der Informationstechnologie"). Und immer wieder wird versucht, die Wirkung von IT auf die Produktivität zu messen und damit nachzuweisen - mit unterschiedlichem Erfolg (womöglich muss man erst alle IT-Dienste abdrehen... ;-) ).

Ich versuche daher jetzt in der Erkenntnisgewinnung, wie es sich für einen Vertreter der Wissenschaft zwar gar nicht gehört, aus meiner völlig subjektiven Sichtweise zu argumentieren:
  • Wenn ich mir die Werkzeuge so ansehe, die in den mir bekannten Unternehmen zur Unterstützung von Kommunikation und Zusammenarbeit verwendet werden, so graut es mir fast (und dabei haben wir bei JR eine sehr, sehr gute IT-Infrastruktur). 
  • Dennoch ist für mich kaum ein Service auch bei uns nur annähernd so komfortabel, wie die weiter oben genannten Cloud-Services, welcher ich mich privat erfreue. Doch diese werden in Unternehmen gleich mal aufgrund üblicher Verdächtiger wie "Privacy" und "Vertrauenswürdige Daten bei nicht vertrauenswürdigen Autoritäten gespeichert" abgeschmettert.
  • Doch wenn nun die modernste, benutzbarste und am meisten Spass-machendste IT aus der Cloud gleich einmal ein Quäntchen mehr an Produktivitätszuwachs ermöglicht, beginne ich mich als gelernter Betriebswirt vor Ländern wie Indien (wo die "manuelle Arbeit" ja schon fast nichts kostet) zu fürchten.
  • Denn wenn uns diese ehemaligen IT-Entwicklungsländer, dank dem sofortigen Abruf modernster Informationstechnologie aus der Cloud, auch in der Wissensarbeit überholen, kann auch ich durchaus einmal ein Pessimist sein. Geht es uns nun etwa an den Kragen, weil wir in Österreich solche Cloud-Muffel sind?
Nein, erst einmal noch nicht, denn Gott sei Dank haben forsch(end)e Wirtschaftsinformatiker herausgefunden, dass nur die Bereitstellung von IT für sich alleine gestellt im Kontext von Organisationen erst einmal nicht viel bringt.

Denn diese IT will auch anständig in den Geschäftsprozessen und Arbeitspraktiken verankert sein (bzw. durch die Mitarbeiter angeeignet werden) – und dabei reicht es nicht aus, wenn es der einzelne Mitarbeiter nur einmal versucht und mit der Nutzung experimentiert. Solche Veränderungsprozesse dauern gerne mal eine Generation von Mitarbeitern an (Im Vergleich dazu hat es ein Start-Up in der IT-Nutzung wesentlich leichter, weil es sich ja noch nicht an seine Prozesse gewöhnt hat.) Außerdem kosten Veränderungen viel Change-Management-Budget welches im Wissensmanagement gerne mal gestrichen wird, bzw. gar nicht erst budgetiert wurde.

Zum Abschluss erlaube ich mir folgende Fragen - und gebe dazu auch gleich eine Pauschalantwort:
  • Setzen Unternehmen bei uns jetzt auf Cloud-Services, damit sie von Indien nicht überholt werden (einige Start-Ups, die ich kenne, tun das mit großer Freude – und mit großem Erfolg)?
  • Werden wir jetzt alle in die Cloud gesperrt, damit wir schneller arbeiten? 
Beides, nein: Denn unserer vertraulichen Daten dürfen nicht in die Hände Dritter (Cloud-Provider) gelangen, stimmt ;-)

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