Welche Chancen erkennen Österreichs Unternehmen im Enterprise 2.0?
Der von 7.-9. November im Loipersdorf Spa & Conference Hotel stattgefundene LSZ CIO Kongress war dabei für mich eine herausragende Veranstaltung, um mehr über die Perspektive der österreichischen Unternehmen zu erfahren. Mit 280 Teilnehmern aus der Wirtschaft war dieser Kongress heuer zur Freude der Veranstalter auch besonders gut besucht.
Ein Großteil des Veranstaltungsprogramms wurde mit Arbeitskreisen zu unterschiedlichen Themen, von „IT-Optimierung“ über „Cloud Computing“ bis hin zu „IT-Transformation“ abgedeckt. Auch die Themen „Web 2.0“ und „Enterprise 2.0“ waren im Kongressprogramm vertreten.
Den Arbeitskreis 2a „Web 2.0 / Enterprise 2.0“ habe ich gemeinsam mit Thomas Broessler von exantis Unternehmensberatung gehostet, vor allem in meiner Rolle als Themenmoderator zu Enteprise-2.0-Fallbeispielen. Im Arbeitskreis selbst waren in den drei Modulen jeweils zwischen 25 und 35 Teilnehmer anwesend, welche sich durchaus interessiert gaben und breit diskutierten.
Ein kurzes Fazit:
Aus meiner Sicht haben fast alle der anwesenden Unternehmen noch wenig bis gar keine Erfahrung mit Enterprise 2.0, also dem Einsatz der neuen IT-Werkzeuge im Intranet, gesammelt. Meine Einschätzung steht sicherlich im Konflikt mit den Ergebnissen zahlreicher Studien, welche den Eindruck erwägen, Enterprise 2.0 sei bereits ein fester Bestandteil in der Intranet-Strategie vieler Unternehmen. Die Realität sieht zumindest in Österreich aus Sicht der CIOs noch sehr viel anders aus und ich denke, dass auch Deutschland nicht so unterschiedlich ist.
Eine wesentliche Erkenntnis für mich war die Tatsache, dass CIOs Enterprise 2.0 und Web 2.0 fast immer in ein und denselben Topf werfen und noch dazu als stark negativ empfinden:
- Bei Web 2.0 / Enterprise 2.0 denken CIOs vor allen an Facebook und den Missbrauch von Facebook während der Arbeitszeit.
- Facebook (CIOs generalisieren gerne auf alle soziale Netzwerke) wird als Zeitdieb wahrgenommen, da Mitarbeiter dort, anstatt ihre betrieblichen Tätigkeiten durchzuführen, nur mit privaten Freunden interagieren. Mitarbeiter vernetzen sich also nicht mit beruflicher Intention, sondern rein zum Zeitvertreib - und das während der Arbeitzeit.
- CIOs sprechen zum Teil von mehreren Stunden, welche Mitarbeiter auf Sozialen Netzwerken unproduktiv verbringen. Diese verursachen einen hohen Web-Traffic und „verstopfen“ quasi die Leitungen. CIOs können dann zum Teil ihre Dienste nicht mehr unter Einhaltung der SLAs erbringen ;-)
Ein Nutzen aus den sozialen Netzwerken wird durch die Masse der CIOs wenig bis gar nicht erkannt. Vielmehr ist eine starke Abwehrhaltung zu Web 2.0 / Enterprise 2.0 zu sehen, sowieso aus Sicht von Compliance und Security, zwei der wesentlichsten Themen für CIOs. Nur wenige CIOs erkennen im Web 2.0 überhaupt ein Potenzial, beispielsweise um Kunden zu erreichen, zu betreuen oder Ideen aus der Community in das eigene Innovationsmanagement zu integrieren. Diese Personen haben dann fast immer bereits derartige Projekte durchgeführt und verfügen über einen hohen Erfahrungsschatz.
Teilweise wollen CIOs die neuen IT-Dienste gar verbieten, oder sie haben diese schon verboten. Als Gegenmaßnahme greifen Mitarbeiter oft zu Smartphones, welche dann auch verboten werden sollten. Einige CIOs sprechen sich gar dafür aus, den Mitarbeitern zu verbieten, über das eigene Unternehmen am Web zu sprechen, also beispielsweise auf Xing zu veröffentlichen, bei welchem Unternehmen sie arbeiten. - Mensch Leute, verbieten bringt doch rein gar nichts, schon mal was von Mitarbeiterzufriedenheit gehört?
Sehr groß ist die Angst, dass Mitarbeiter zur Konkurrenz abwandern könnten - viele waren sich einig, dass im Recruiting das ganz besondere Potenzial liegt ;-) . Dazu kam eine interessante Diskussion auf: Werden Unternehmen, welche Web-2.0-Plattformen verbieten und den Mitarbeitern gar nicht mehr erlauben, im Web präsent zu sein in der Zukunft überhaupt an fähiges und motiviertes Personal kommen? Da für viele Mitarbeiter berufliche und private Aktivitäten in vielen Branchen immer stärker konvergieren, ist diese Frage durchaus berechtigt. Wollen sich Mitarbeiter diese für sie fundamental werdenden Tätigkeiten überhaupt verbieten lassen? - Ich würde es nicht ;-)
Back to Enterprise 2.0: Am CIO Kongress habe ich leider kaum einen Teilnehmer getroffen, welcher einen neuen IT-Service hinter der Firewall einsetzt (zB Social Networking oder Microblogging), um dort die Kommunikation und Kollaboration zwischen Mitarbeitern zu verbessern. Das ist schade, denn ich hätte mich über viele österreichische Fallstudien gefreut.
Im Einsatz von Diensten hinter der Firewall besteht aus meiner Sicht der primäre Anwendungsfall von Enterprise 2.0 - die Nutzungsoffenheit der eingesetzten Dienste macht es möglich. Dabei kann auch viel weniger passieren, als wenn Mitarbeiter im Web "falsch" über das Unternehmen sprechen ;-) - CIOs aus Österreich, habt mehr Mut zum Risiko!
Für mich heißt das, dass noch viel mehr Aufklärungsarbeit über die Potenziale und über den Nutzen von Enterprise 2.0 zu leisten. Dazu bieten Fallstudien ein sehr gutes Mittel. Und aus diesem Grunde möchte ich abermals auf die Fallstudienplattform Enterprise 2.0 Fallstudien verweisen, für die ich mich stark engagiere.