18. September 2012

Warum zahlt es sich gerade für Social Media Agenturen aus, Fans zu kaufen?

Die meisten "Unwissenden" - und auch leider viele "Wissende" - beurteilen den Erfolg ihrer Maßnahmen an viel zu simplen Erfolgsindikatoren, da diese besonders einfach zu messen sind. Den Erfolg von Social Media Maßnehmen beurteilen Sie beispielsweise auf Facebook mit der Anzahl der Fans einer Seite, auf Twitter mit der Anzahl an Followern und auf Youtube mit der Anzahl der Views eines Videos. Je mehr Fans, Follower und Views, desto besser ein Social Media Maßnahme.

Kunden machen Social Media oft nicht selbst, sondern lassen andere tun - nennen wir diese anderen doch einfach Social Media Agenturen. Heute gibt es Social Media Agenturen fast schon wie Sand am Meer - und nicht alle sind gleich gut. Den Unternehmen (Kunden) fällt die Auswahl besonders guter Social Media Agenturen immer schwerer. Denn es herrscht "Social Media Agency Overload" - und das vor allem auf Social Media. Damit nämlich Social Media Agenturen nun wirklich erfolgreich auf ihre Kompetenzen aufmerksam machen und ihre Professionalität darstellen können, nutzen sie nicht immer, aber immer öfter, selbst Social Media. Sie bauen eigene Facebook Seiten auf, beginnen zu twittern und stellen sogar Videos ins Netz.
Eine schlechte Agentur mag man als Kunde heute beispielsweise daran identifizieren, dass sie entweder gar nicht auf Social Media präsent ist, oder die durch sie beratenden "Kanäle" selbst recht wenig nutzt, also defacto nicht wirklich aktiv auf Social Media ist. Eine gute Agentur mögen Kunden daran erkennen, dass sie Social Media sehr aktiv nutzt und sich demnach auch bereits eine kleine Fangemeinde an Inhaltskonsumenten und Interakteuren aufgebaut hat. Die Beiträge einer guten Agentur werden dann vielleicht auch schon mal öfter ge-liked, kommentiert oder ge-retweetet.

Soweit, so gut. Nur leider ist der Aufbau von Fans und Followern, wenn man nicht die Emotionalität von Marken wie KTM, Red Bull oder BMW mitbringt - d.h. nur eine schnöde Social Media Agency ist - nicht gerade einfach. Und weil viele Kunden keine Ahnung von Social Media haben (Anm. der Redaktion: Kunden sind fast immer unwissender als sie glauben  - und sie wissen oft nicht mal das), ist es für Social Media Agenturen durchaus nützlich, bei den einzelnen Social-Media-Erfolgsindikatoren schon mal käuflich etwas nachzuhelfen. So werden schnell mal Fans, Twitter-Follower und Hits auf Youtube Videos gekauft. Denn mittlerweile existieren dafür genügend Anbieter und von denen kauft man schnell mal Punkte auf der Liste für gutes Geld - und weist so dem Kunden seinen Erfolg nach. Denn jedes System kann heute ad absurdum werden, auch und gerade Social Media.

Ein Praxisbeispiel gefällig? Sehr, sehr gern! Letzte Woche bin ich zufällig in ein Webinar einer deutschsprachigen Social Media Agentur gerutscht, welche sich auf Facebook spezialisiert hat und dort zahlreiche Kunden beim Aufbau von Seiten betreut. Es hat mich interessiert, was dort an Maßnahmen empfohlen wird, um Facebook als Unternehmen erfolgreich zu nutzen. Was kann man denn in einem solchen Seminar lernen. Da ich auch schon mal selbst mein Mundwerk in diversen Fachseminaren schwinge, wollte ich mich mal weiterbilden. Die Agentur bleibt in diesem Beitrag aber erstmal anonym.

Nach einigen im Webinar im Eiltempo präsentierten Folien habe ich aus Interesse einen Blick auf die Facebook-Seite dieser Agentur geworfen: Mehr als 13.000 Fans - wow. Nicht schlecht für eine schnöde Agentur ohne die Emotionalität einer Marke wie etwa BMW (Anm. der Redaktion: Man verzeihe mir die Markenwahl - doch ich fahre selbst diese Dreibuchstabenmarke).


Doch noch viel spannender ist, dass die meisten Fans dieser deutschen Agentur nicht etwa aus Berlin oder einer anderen deutschsprachigen Großstadt kommen, sondern aus Minsk. Hmm. Auch die Verteilung der "Gefällt mir"-Aktionen auf die Beiträger der eigenen Fan-Seite ist wohl nicht so ganz nachvollziebar - machen denn 13.000 Fans nicht etwas mehr Interaktion. Und richtig viel lost ist hier nicht. Mal ein Like, ein Kommentar und eine Antwort durch die Betreiber der Seite. Sonst gähnende Interaktionsleere.

So richtig interessant wurde es im Webinar aber erst, als der Leiter vor rund 300 virtuellen Teilnehmenden des Webinars darauf hinwies, dass das Kaufen von Fans natürlich kontraproduktiv ist. Denn solche Fans sind nur dumme Platzhalter, führen keine Interaktion aus, nehmen nicht am offenen Dialog bei, geben kein Feedback - und werden auch wohl das Produkt nicht kaufen.

Fazit: Gekaufte Fans = Reine Geldverschwendung, oder? Auch die Meinungsbildner in der Blogosphäre sind gegen das Kaufen von Social Media Erfolgsindikatoren - inklusive meiner Wenigkeit.

Dennoch stelle ich jetzt und hier meine fünf Thesen auf, warum es sich gerade für Social Media Agenturen auszahlt, Fans in großer Anzahl für alle Plattformen zu kaufen:
  1. Gekaufte Fans kritisieren niemals die schlechten Social Media Projekte einer schlechten Agentur.
  2. Gekaufte Fans punkten immer durch nicht vorhandene Interaktion und brauchen daher wenig Zeit in der Betreuung.
  3. Durch gekaufte Fans können sich One-(Wo)man-Social-Media-Agenturen sich in nur wenigen Tagen eine Reputation er kaufen, bei der sogar den Dreibuchstabenmarken neidisch wird.
  4. Gekaufte Fans sind auf den ersten Blick nicht als gekauft zu erkennen - und durch sie können Social Media Agenturen leicht über fehlende Professionalität hinwegtäuschen ("Das was wir bei Kunden machen funktioniert ja auch bei uns  - schau doch mal ").
  5. Gekaufte Fans sind auch Fans - und durch mehr Fans werden Social Media Agenturen von unwissenden Kunden als erfolgreicher wahrgenommen - dem einfachen Erfolgsindikator sei dank.





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